E-Books Fluch und Segen

Julian —  9. February 2012 — 4 Comments

Seit einigen Monaten habe ich einen Kindle und ich finde, dass es aktuell kein besseres Gerät gibt um E-Books zu lesen. Aber ich bin mir noch nicht sicher ob ich auch ein Freund von E-Books an sich werde. Ich würde sie eigentlich schon gerne mögen und ich glaube auch, dass sie sich langfristig durchsetzen werden. Schließlich haben sie eine Menge an Vorteilen. Die wichtigsten sind meiner Meinung nach:

  • Der viel einfacherer Transport.
    Ich befinde ich mich ja gerade auf einer längeren Reise und nur durch einen E-Book Reader ist es überhaupt möglich, viele Bücher mitzunehmen. Da ich relativ schnell und zumindest auf Reisen aus sehr viel lese, komme ich locker auf 2 oder 3 Bücher pro Woche. Auf dem herkömmlichen Weg wäre das vollkommend unmöglich gewesen und mehr als 2 Bücher hätte ich kaum mitnehmen können. Der Lesestoff wäre mir schon in der ersten Woche ausgegangen.
  • Die ständige Verfügbarkeit.
    Zumindest die Kindle E-Books kann ich überall lesen. Neben dem eigentlichen Kindle Reader gibt es eine Software für den Rechner oder das Notebook und eine App für die meisten Telefone. Selbst wenn also der Kindle zu Hause liegt, kann ich auf dem Telefon weiter an meinem aktuellen Buch lesen. Vielleicht etwas weniger komfortabel, aber es geht. Und da sich die Geräte synchronisieren, weiss mein Telefon sogar, wo ich gestern auf dem Mac aufgehört habe.
  • Die Unzerstörbarkeit.
    Sofern man ein Backup hat, sind die Bücher eigentlich unzerstörbar. Wenn ich im Urlaub meinen Reader in den Pool fallen lasse, ist das Gerät natürlich kaputt, aber meine Bücher sind es nicht. Entweder habe ich hoffentlich zu Hause noch ein Backup oder im Falle des Amazon Kindle speichern die alles für mich. Ich muss mir nur ein neues Gerät besorgen (oder auf das Handy ausweichen) und kann weiterlesen.
  • Die viel einfachere Beschaffung.
    Das ist für mich der wichtigste Vorteil. Zwar ist es zu Hause in Deutschland noch vergleichsweise einfach schnell an Bücher zu kommen, indem man einfach in die nächstgelegene Buchhandlung geht. Aber im Ausland gilt das natürlich nicht mehr, hier gibt es allerhöchstens am Flughafen ca. 20 Bücher und zwar die, die die deutsche Hausfrau gerne am Strand ließt. Englische Bücher gibt es noch ein paar mehr, aber natürlich auch eher Romane. Zur Zeit hat man evtl. noch Glück mit der Steve Jobs Biographie. Die gibt es überall – ich hab sie aber leider schon gelesen. Bei der Beschaffung von Büchern liegt das E-Book einfach ganz weit vorne, denn ich logge mich bei Amazon ein und kann schon 2 Minuten später mit dem Lesen anfangen. Selbst in Deutschland ist das unschlagbar schnell, denn die Lieferung eines gedruckten Buchs kommt im besten Fall auch erst am nächsten Tag.

Es gibt noch weitere Vorteile für den Anwender und die Allgemeinheit, aber die finde ich nicht so spannend. Weniger Papieverbrauch? Naja, das wird schon nicht so schlimm sein. Volltextsuche? Habe ich noch nie benützt. Weniger Platz? Ist mir zu Hause egal. Variable Schriftgrößen oder Anmerkungen im Buch? Naja, allenfalls nice to have.

Aber neben diesen Vorteilen gibt es auch Nachteile. Zahlenmässig sind das zwar weniger, aber ich finde sie inhaltlich wesentlich bedeutender:

  • Die E-Books gehören mir nicht wirklich.
    Zumindest beim Kindle und bei Apple kann ich ausser Lesen fast nichts machen, was mit einem normalen Buch möglich wäre: Ich kann es nicht an jemanden verleihen und ich kann es nicht verkaufen, wenn ich es nicht mehr brauche. Genauso kann ich ein E-Book weder weiter verschenken, wenn ich es gelesen habe, noch überhaupt verschenken. Zumindest nicht richtig. Es wird schon eine Möglichkeit geben, einen Amazon Gutschein zu schenken oder irgendwo einen Code zu bekommen, mit dem sich jemand anderes dann kostenlos das Buch downloaden kann, aber das ist ja nicht das selbe. Wie bei einer Software hat man eigentlich nur noch eine Lizenz die einem die Nutzung erlaubt, aber das wars dann schon. Letztendlich hat man das Buch eigentlich nur ausgeliehen.
  • Die Preise sind zu hoch.
    Viele Leute werden argumentieren, dass es ein Vorteil ist, dass E-Books etwas günstiger sind als gedruckte Bücher, Aber dafür, dass man das E-Book letztendlich nur ausgeliehen hat, sind mi die Preise zu hoch. Deutsche E-Books kosten meistens fast das gleiche wie das gedruckte Buch und das ist angesicht der gesparten Kosten bei Druck, Logistik, usw. eigentlich eine Frechheit. Ausländische Bücher sind sind meistens so 20% günstiger, aber das ist als “Leihgebühr” immer noch zu teuer. Zumal ja der komplette Gebrauchtmarkt wegfällt, da man die Bücher eben nicht verkaufen oder weiter verschenken kann müssen ja mehr Bücher gekauft werden. Das ist in der aktuellen Diskussion bei den Schulbüchern von Apple ein interessanter Punkt. Die amerikanischen Schulbuchverlage, die da mitmachen, haben sich auf ca. 30% des normalen Preises eingelassen. Da gedruckte Schulbücher in der Regel drei Jahre lang genutzt werden, die neuen Versionen auf dem iPad aber nicht weitergegeben werden können, erwarten die trotzdem den gleichen Umsatz.

In diesem Zusammenhang vielleicht auch interessant, dass man immer mal wieder hört, dass der hohe Preis von E-Books in Deutschland an der Buchpreisbindung läge. Das stimmt aber nicht, denn die verbietet nur dass das gleiche Produkt bei verschiedenen Händlern für unterschiedliche Preise verkauft wird. Genau wie bei der gebundenen Ausgabe und dem Taschenbuch darf der Verlag auch für das E-Book einen anderen Preis nehmen. Den legt er völlig frei selbst fest. Allerdings sind in dem E-Book die normalen 19% MwSt. statt der vergünstigten 7% bei gedruckten Büchern enthalten.

In Summe überwiegen für mich die Vorteile von E-Books, aber gleichzeitig ärgere ich mich eigentlich, dass ich mich so verarschen lasse beim Eigentum an den Büchern und beim Preis. Mein Wunsch wäre, wenn man beim DRM schon nichts machen kann, dass E-Books etwa 30% des gedruckten Buches kosten und dass ich, wenn ich das gedruckte Buch kaufe, das E-Book kostenlos dazu bekommen. So kann ich zu Hause die Papierversion lesen und mich an der Haptik erfreuen und unterwegs auf das E-Book ausweichen. Seit dem ich den Kindle habe, kaufe ich jetzt schon wesentlich mehr Bücher als früher, also werden die Verlage auch nicht weniger an mir verdienen. Apple hat mit den MP3s und den Apps doch schon gezeigt wie man Content verkauft und dass bei günstigeren Preisen auch mehr gekauft wird. Vor allem lohnt sich die Piraterie nicht mehr, weil wegen der geringeren Preise sich niemand mehr die Arbeit macht durch Viren, Spam und Ads verseuchte Websites zu wühlen. Bis da hin müsste ich mich eigentlich beim Kaufen von E-Books noch ein bisschen zurückhalten.

(Foto CC von 49365126@N07)

4 responses to E-Books Fluch und Segen

  1. Hehe, dazu war ich auch schon zweimal im absoluten “Rant” Mode, hier 2010 http://bit.ly/wha61L und da http://bit.ly/x0zxXH im letzten Jahr. Kann das auch nicht verstehen, dass die das nicht über die Masse machen.
    Die Leute sind doch auch nicht bescheuert, speziell in dem einen Beitrag vergleiche ich den englischen Preis von Game of Thrones (18$ engl. eBook) gegenüber dem Deutschen Preis (96€).
    Dann kann man es nicht wiederverkaufen, nicht ausleihen…. das ist im Moment eigentlich auch eine tolle Geschäftsidee, hier was vernüftiges zu bauen. Brauch mal halt einen guten Anwalt, aber rüttelt vielleicht mal wach.

    Sehr interessant auch das hier: http://pandodaily.com/2012/01/17/confessions-of-a-publisher-were-in-amazons-sights-and-theyre-going-to-kill-us/

  2. Dem kann ich nur voll zustimmen. Ein weiterer Nachteil von E-Books sind die unterschiedlichen Formate. Selbst wenn kein DRM auf den E-Books ist, kann man Bücher für das Kindle nicht auf einem Sony-Reader – und umgekehrt – lesen.

    Ich finde es gut, dass O’Reilly seine Bücher ohne DRM ausliefert. Da nehme ich dann auch gerne den nur geringen Unterschied zwischen Papier- und E-Version in Kauf.

    Bei Romanen bin ich auch noch zwiegespalten. Ich kaufe mir immer noch recht häufig die Papierversion. Ein paar E-Books hole ich mir für die Urlaubsreisen.

    Beim Perl-Magazin wird es so sein, dass die E-Varianten für Print-Abonnenten dabei und ansonsten einiges günstiger sind.

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